Selbstfürsorge

Ich habe keine Zeit für mich! – oder doch?

Keine Vergangenheit, keine Zukunft … kein Problem.

„Man braucht ein Dorf um ein Kind groß zu ziehen“, wie habe ich diesen Spruch gehasst!


Warum?



Ich hatte einfach kein Dorf.



Damals lebten wir 800 km von meinem ursprünglichen Heimatort entfernt. Mein Sohn war gerade 2 Jahre alt, ich kannte dort keine Menschenseele. Mein Mann arbeitete von früh bis spät. Es gab tagsüber nur mich und mein Kind. Keine Oma, die mir eine Pause verschaffen konnte. Keine Tante, welche es mir ermöglichte durchzuatmen.


Ich sehnte mich manchmal schon nach dem Aufstehen danach, dass es endlich Abend wird. Damit ich endlich Zeit für mich und meinen Partner habe. Doch oft holte mich genau dann die Müdigkeit ein und schickte mich früh ins Bett. Ich verbrachte viel Zeit damit, deshalb in einem Meer voller Selbstmitleid zu ertrinken.


Mein Fokus richtete sich stets auf den scheinbaren Mangel an „Zeit für mich“. Meine Überzeugung war, dass ich tagsüber nicht wirklich, ich sein kann. Denn ich musste mich um mein Kind kümmern, eben Mama sein. Stets dachte ich wehmütig „Ich habe keine Zeit für mich.“

Komm rein, liebe Achtsamkeit!



Eines Tages kam die Achtsamkeit in mein Leben. Ich kann mich nicht mehr erinnern, welches Buch ich zum Thema las. Doch ich weiß es noch genau, als ich früh morgens bei meinem Kaffee saß und es in diesem Moment weder Vergangenheit noch Zukunft für mich gab:



Ich spüre den Stuhl auf dem ich sitze, es ist so, als würde er mich tragen.


Ich nehme einen Schluck Kaffee, ich spüre die warme, köstliche Flüssigkeit zuerst in meinem Mund, sie fließt langsam meine Kehle runter und macht mir am Schluss ein wohliges, warmes Gefühl im Bauch.


Ich nehme wahr, wie sich diese Wärme in meinem Körper ausbreitet. Es ist so, als würde ich nur aus diesem warmen Gefühl bestehen.

Dieser Moment dauerte, wenn überhaupt, nur eine Minute. Es fühlte sich so an, als wäre ich genau da, wo ich hin will. Ich war in diesem Moment ganz bei mir selbst. Nach diesem Erlebnis wusste ich, dass mein Gedanke „Ich kann nur ich sein, wenn ich eine lange Pause kriege.“ schlichtweg falsch war.Dies eröffnete mir so viele Möglichkeiten um Kraft zu tanken.

Jeder Moment gehört mir!



Ich übte mich täglich in Achtsamkeit. Denn in Wirklichkeit gehörte jeder Moment mir.



Wenn ich meinen Sohn beim Spielen betrachte, versuche ich ganz in diesem Augenblick zu bleiben. Ich lasse mich von Gedanken wie, „Ach, das muss ich dann alles wegräumen.“ oder „Puh, ich sollte endlich die Wäsche bügeln.“ nicht aus der Gegenwart vertreiben. Stattdessen sehe ich ein Kind, welches den Ball hochwirft, ihn wieder auffängt und dabei gedankenverloren lächelt.


Mein Herz geht mir auf. Das ist die Realität. Ich füge nichts hinzu und lasse auch nichts weg.



Purer Genuss

Ich liebe Schokolade. Alle meine Sinne zentriere ich auf dieses Stück Schokolade. Ich kann sie riechen, bevor sie in meinem Mund landet. Auf meiner Zunge zergeht dieses zuckersüße Wunder und hinterlässt am Ende einen wunderbaren Geschmack, welcher noch lange in meinem Mund verweilt.

Geborgenheit

Während mein Sohn in der Badewanne seine Schiffchen fahren lässt, sitze ich am Boden. Die Luft ist warm, der Bade-Schaum knistert leise, das Handtuch auf welchem ich sitze ist weich, mein Rücken lehnt entspannt an der Wand. Mein Atem ist ganz ruhig, ich spüre eine wunderschöne Art von Geborgenheit in mir.


Gerade denke ich, dass es gar nicht mehr schöner werden kann, da beginnt mein Schatz ein Liedchen zu trällern „Alle meine Entchen, schwimmen auf dem …“


All diese Momente geben mir neue Kraft und lassen die Zeit für einen kurzen Moment stillstehen.

Tschüss Sorgen-Karussell und unnötiger Stress

Mein sorgenvolles Gedankenkarussell unterbreche ich immer öfters mit der Frage: „Was kann ich in dieser Angelegenheit konkret tun?“ Wenn mir nichts dazu einfällt, vertage ich meine Sorgenmacher auf ein andermal. Denn, mich in meinen Sorgen zu verlieren, ohne eine konkrete Lösung anzustreben, bringt mich nicht weiter.


Gerade dann, wenn der Stress meinen Körper in Beschlag nimmt, sich alles verspannt und mein Atem ganz flach ist, gehe ich in meine Körperwahrnehmung.

Ich nehme war, was gerade in mir ist und gehe so in die Achtsamkeit:

Ich stehe in der Wohnungstür, mein gesamter Rücken ist angespannt, mein Atem fließt schnell ein und wieder aus. Ich spüre großen Druck auf meiner Brust, mein Körper fühlt sich ganz heiß an. In der Hand halte ich die Jacke meines Sohnes. Die Uhr zeigt 14.00 an. Mein Sohn sitzt seelenruhig am Boden und schiebt seinen gelben Lastwagen hin und her.


Das ist die Realität. Nicht mehr und nicht weniger.


In meinem Kopf aber, schwirren Gedanken wie: „Ich halte das nicht aus, er bewegt sich einfach nicht von der Stelle. In einer halben Stunde müssen wir bei Arzt sein, das schaffen wir nie! Immer muss ich auf ihn warten, meine Bedürfnisse sind ihm egal. Ob er mich überhaupt liebt? Mein Kind wird bestimmt auch so unzuverlässig sein, wenn er mal arbeitet. Wo soll das alles nur hinführen? …“

Kein einziger dieser Gedanken ist wahr, ich schieße mich in ein Paralleluniversum, welches gar nicht existiert.

Mein ganzer Körper reagiert auf meine Gedanken und meint, es herrsche höchste Alarmstufe. Nun gibt es nur noch „Kampf“ als Reaktion darauf: „Zieh dich sofort an, sonst …“ Mein Kind hat keine Ahnung, was los ist. Ich vergesse, dass ich alleine dafür verantwortlich bin, pünktlich beim Arzt zu sein und schiebe meinem Kind die Schuld in die Schuhe.


Wie wäre es, wenn ich kurz innehalte und in der Gegenwart verweile. Wie kann ich meinem Sohn helfen, sich vom Spiel zu lösen? Vielleicht mag er den Lastwagen mit zum Arzt nehmen? Vielleicht hilft es ihm, wenn ich ihn ein Stück trage. Anstatt mich mit meinen Fantasien zu quälen, verbinde ich mich lieber mit meinem Kind und gehe mit ihm in einen Dialog.

Das Paralleluniversum verpufft in der Gegenwart.

Das Blinken der Sterne



Achtsamkeit muss man erfahren um zu wissen, was sie bedeutet. Es ist der Moment der vor den Worten da ist, wie das Blinken der Sterne, bevor wir sie „Großer Wagen“ nennen. Unser Gehirn durchläuft dieses wort- und bewertungsfreie Stadium des Gewahrseins ständig, doch meist sind wir mit den Alltagsdramen zu beschäftigt, um es zu bemerken.


Guy Armstrong (ein Meditationslehrer) definiert Achtsamkeit so:

„Zu wissen, was du erlebst, während du es erlebst.“

Achtsamkeit ist Gewahrsein im Hier und jetzt. Wir achten auf unsere Wahrnehmung, anstatt unseren Interpretationen. So ist jeder Moment lebendig.

Achtsamkeit ist Freiheit, Verbundenheit und ein Nicht-Urteilen.

Um Achtsamkeit zu erleben, musst du kein tibetischer Mönch oder ein Meditationsguru sein. Du musst nicht mal innerlich ruhig sein um Achtsamkeit leben zu können.

Achtsamkeit ist nur eine Entscheidung, wach und bewusst zu sein.
Jede bewusste Wahrnehmung in der Gegenwart, kann ein kleiner Moment der Achtsamkeit sein, um dich vom Gedankenstrudel in deinem Kopf zu befreien.
Das Gegenteil von Achtsamkeit ist Unachtsamkeit. Das sind Zeiten in denen wir geistesabwesend sind, wir nehmen nicht wahr, was wir denken, fühlen oder tun, sondern leben wie ferngesteuert. Wenn dein innerer Film ein wunderschöner ist, ist die Unachtsamkeit gar kein Problem.

Doch wenn unsere Aufmerksamkeit von unserem Leiden „entführt“ wird, muss das nicht sein.

Was Achtsamkeit nicht ist:

Achtsamkeit ist keine Entspannungstechnik.

Wenn wir bewusst wahrnehmen, was in unserem Leben vorgeht, ist es manchmal alles andere als entspannend, besonders, wenn wir uns in einer schwierigen Situation befinden.

Achtsamkeit ist keine Technik um dem Alltag zu entfliehen,

sondern eher das Gegenteil. Wir stellen einen Kontakt zum gegenwärtigen Augenblick her. So gewöhnlich dieser auch sein mag. In diesem Gewahrsein können die einfachsten Dinge zu etwas Besonderem werden. Ich nehme den Geschmack einer Speise oder die Farbe eines Gegenstandes intensiver wahr, wenn ich dem, was ich in diesem Moment erlebe, ungeteilte Aufmerksamkeit schenke.

Achtsamkeit bedeutet nicht, den Geist „leer“ zu machen.

Dein Gehirn produziert Gedanken – das ist sein Job. Doch du kannst bestimmen, ob du diese Gedanken weiterspinnst oder sie wieder ziehen lässt.

Achtsamkeit ist nicht schwer.

Jeder kann achtsame Momente erleben. Lustiger Weise werden wir genau dann achtsam, wenn wir daran verzweifeln, immer wieder in unsere Gedanken abzuschweifen.

Elemente der Achtsamkeit

1. Innehalten

Du hältst inne, was immer du auch in diesem Moment tust. Mache die Dinge langsamer. Atme einmal tief ein und wieder aus.

2. Beobachten

Hier geht es nicht darum dich zu distanzieren. Das Leben passiert genau in diesem Moment, du kannst dem Leben quasi zuschauen.

Es hilft, wenn du dich nur auf ein Objekt konzentrierst. Beispielsweise beim Gehen, kannst du bewusst wahrnehmen, wie es sich anfühlt, einen Fuß zu heben, den Schritt nach vorne zu machen um ihn dann wieder auf dem Boden abzusetzen, während der andere Fuß sich vom Boden anhebt, …

Du kannst dabei auch die Worte „Anheben“, „Tragen“ und „Absetzen“ denken oder aussprechen.

3. Zurückkehren

Wann immer du dich in deinen Gedanken verlierst, begrüßt du sie freundlich und kehrst dann einfach wieder zu deiner Tätigkeit oder deinen Beobachtungen zurück. Gedanken kommen und gehen, wie die Wellen des Meeres.


Übung:

1. Stelle dir in einem ruhigen Moment für 2 Minuten einen Wecker.

2. Setz dich entspann hin. Schließe deine Augen, denn jetzt zählen nur die Geräusche im Raum.

3. Tauche sanft in die Welt der Klänge ein. Fange mit deinen Ohren alle Geräusche ein, die in diesem Moment im Raum sind.

4. Benenne und bewerte die Geräusche nicht. Du musst das Geräusch nicht mögen, sondern nur wahrnehmen. Du musst dich auch nicht auf ein Geräusch konzentrieren, sondern nur alles hören was an dein Ohr dringt. Lass die verschiedenen Klänge einfach auf dich zukommen.

5. Wenn du merkst, dass dein Kopf anfängt, dir alle möglichen Gedanken zu schicken, kehre einfach immer wieder zum Lauschen zurück.

Sei nicht so streng zu dir, jede Millisekunde in welcher du den jetzigen Moment wahrnimmst, ist ein Erfolg.

Alles Liebe

Andrea

Schreist du dein Kind an und tut es dir anschließend leid?
Hast du das Gefühl nicht mehr du selbst zu sein, wenn dich die Wut überrollt?

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Kategorie: Selbstfürsorge

von

Ich bin eine (meist) glückliche Mama eines Sohnes. Kaffee und Kuchen, die innere Welt der Kinder, sowie THE WORK sind meine Leidenschaften. Mein Herz schlägt für eine gleichwürdige Beziehung zwischen Eltern und Kindern. Ich mag dabei helfen, dass ihr euch mit eurem kleinen Menschen wieder verbinden könnt!