„Mein Kind hört mir nicht zu!“
„Ich muss alles tausend Mal sagen!“
„Mein Kind ignoriert mich, wenn ich was sage!“
Wir verlangen von unseren Kindern, dass sie uns zuhören.
Doch wann hören wir ihnen wirklich zu? Wie oft nehmen wir uns Zeit für ihre Gefühle und Gedanken?
Imago-Dialog mit Kindern: Wir können kurz inne halten – uns gedanklich leer machen und ohne Bewertung einfach nur zuhören.
Der Imago-Dialog ist eine wunderbare Art und Weise, unser Kind achtsam wahrzunehmen.
Der Imago-Dialog besteht aus 3 Teilen:
Frag dein Kind, ob es Zeit hat. Sitze deinem Kind gegenüber, schau ihm sooft wie möglich in die Augen.
- Spiegeln: Das Kind spricht, du hörst aufmerksam zu und wiederholst was du gehört hast, ohne deine eigene Meinungen zu ergänzen, ohne Vorurteile zu haben, ohne zu wissen wie es sein sollte. Nichts weglassen, nichts hinzufügen. Am Schluss kannst du fragen: „Hab ich dich gehört?“
- Geltenlassen: Den Standpunkt des Kindes wahrnehmen, akzeptieren und nicht bewerten. Das ist nicht einfach, doch es ist so wohltuend für dein Kind. „Ich verstehe, du hast so gehandelt weil … “ So sendest du eine wichtige Botschaft; „Du bist o.k., was du denkst ist für mich nachvollziehbar.“ Du kannst immer wieder nachfragen „Hab ich dich richtig gehört?“
- Einfühlen: Fühle dich in dein Kind ein. Gib dem Kind das Gefühl, dass du nachempfinden kannst was in ihm vorgeht. Dies führt zu einer tiefen Verbundenheit. „Wenn ich jetzt an deiner Stelle wäre, würde ich mich auch … fühlen“, “ Ich spüre, wie traurig das für dich sein muss.“
Obwohl kleinere Kinder noch keinen großen Wortschatz besitzen, verdienen sie, dass wir mit ihnen mit dem gleichen Respekt sprechen, wie mit Erwachsenen.
Beispiel für einen Imago-Dialog mit Kindern
(Zitat aus dem Buch „So viel Liebe wie mein Kind braucht“):
„Mutter: „Manche Tage können ganz schön anstrengend sein. Wie war es heute für dich?“
Kind: „Mir gefällt es nicht im Kindergarten.“
Mutter: „Dir gefällt es nicht im Kindergarten. Willst du mir mehr erzählen?“
Kind: „Keiner mag mich!“
Mutter: „Keiner mag dich dort.“
Kind: „Ja.“
Mutter: „Dir gefällt es nicht im Kindergarten, weil du keinen Freund dort hast. Und ich kann mir vorstellen, dass du deshalb traurig bist. Stimmt das?“
Kind: „Ja, ich bin traurig und will dort nicht mehr hingehen.“
Mutter: „Ich verstehe, du willst nicht mehr hingehen. Überlegen wir einmal, was wir da tun können, vielleicht geht es anderen Kindern ähnlich wie dir? Vielleicht könnten wir eines von ihnen einmal zu uns zum Spielen einladen? Was meinst du?“
Kind: „Ja, das können wir machen.“
Kommentar: Diese Mutter fasst die Gedanken ihres Kindes in Worte, spiegelt ihr Kind und lässt es gelten. Sie verbalisiert recht treffend, was das Kind bedrückt. Sie achtet gut darauf, keine Worte zu verwenden, die große Traurigkeit oder Angst auslösen können. Sie möchte ihrem Kind vermitteln, dass sie verstehen kann, wie es sich fühlt, und dass solche Gefühle normal sind. Anderen Kindern geht es ähnlich.“
Einer meiner Lieblingstexte aus dem Buch „So viel Liebe wie mein Kind braucht“ ist „Die Wiege“. Diese ist dafür da, wenn das Bedürfnis nach Geborgenheit und Sicherheit des Kindes besteht, aber gerade keine Zeit dafür ist, um ausführlich über das Geschehene zu sprechen.
Die Wiege
Das Kind sitzt auf deinem Schoß und hat seinen Kopf an dein Herz, oder deinen Hals gelegt. Du kannst es dabei sanft wiegen. Dies vermittelt dem Kind alle Sicherheit der Welt. Alle Worte die du sagst sollen folgende Botschaft vermitteln:
„Du kannst mir alles anvertrauen, was du gerade fühlst. Ich habe dich lieb, egal was geschieht, und ich werde immer für dich da sein. Du kannst so lang weinen, wie du möchtest.“
Schenke deinem Kind keinen billigen Trost, sondern ermuntere es dazu, dir zu erzählen was ihm am Herzen liegt. Dabei kannst du sanft seinen Rücken streicheln. So lässt du die Gefühle deines Kindes gelten, anstatt zu sagen, dass alles wieder gut wird, oder dass es gar nicht so schlimm ist.
Wenn sich dein Kind sicher und geborgen fühlt, wird es aufhören zu weinen und anfangen zu erzählen. Manchmal brauchen Kinder aber auch einfach nur Zeit zum Weinen. Dein Kind fühlt sich in der Umarmung sicher und beruhigt sich.
Egal wie alt unser Kind ist, Geborgenheit und Körperkontakt kann durch nichts ersetzt werden.
„Die Wiege“ mache ich mit meinem Herzensglückskind, wenn er hinfällt, wenn etwas passiert was ihm Angst macht, nach seiner Wut, usw. Außerdem versuche ich, meinen Sohn im Alltag sooft es geht einfühlsam zu spiegeln. Ein kompletter Imago-Dialog (mit allen 3 Komponenten) ist in unserer Familie ein wöchentliches Ritual geworden. Mein Sohn liebt es, wenn wir alles andere vergessen, ihn spiegeln, ihn verstehen und uns so, ganz und gar in ihn einfühlen.
Mit meinem Partner führe ich ebenfalls von Zeit zu Zeit Imago-Dialoge über schwierige, aber auch schöne Dinge in unserem Leben. Diese Art von Dialogen bereichern unsere Beziehung.
Näheres zur Imago-Therapie
Harville Hendrix (Psychotherapeut) und seine Frau Helen LaKelly Hunt (Psychologin) haben gemeinsam das Konzept der Imago-Paartherapie, als auch deren Anwendung und Erweiterung für die Eltern-Kind-Beziehung entwickelt. Das wichtigste Werkzeug der Imago-Therapie ist der Imago-Dialog. Die Grundidee von Imago ist, dass wir uns unbewusst einen Partner aussuchen, welcher einem inneren Bild (Imago) entspricht. Dieses setzt sich aus allen guten und schlechten Erfahrungen, seit unserer Kindheit, zusammen. Dies hält einen einzigartigen Heilungsprozess inne, den Paare zusammen erleben können.
Alles Liebe
Andrea
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Literaturquelle für meinen Beitrag: „So viel Liebe wie mein Kind braucht – Der gemeinsame Weg in ein erfülltes Leben“ von Harville Hendrix Ph.D. & Helen LaKelly Hunt Ph.D. – erste deutschsprachige Ausgabe, Juni 2008, erschienen im Renate Götz Verlag
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