Selbstfürsorge
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Schiebst du die Verantwortung für dein Wohlergehen auf dein Kind?

Heute schreibe ich über fiese Gedanken-Fallen.

Ich denke dann, dass mein Kind mich retten muss, indem es mein hungerndes Bedürfnis erfüllt. 

Doch inzwischen erkenne ich schnell, wenn ich in die Opferrolle falle. Mir hat das Buch „Gewaltfreie Kommunikation: Eine Sprache des Lebens„die Augen geöffnet.

Der Autor, Marshall Rosenberg, gründete die „Gewaltfreie Kommunikation“. Eine wunderbare Theorie, welche besagt, dass jegliches Verhalten eine (von vielen) Strategien ist, um sich ein bestimmtes menschliches Bedürfnis zu erfüllen.

Bedürfnisse …

  • sind unabhängig von einer bestimmten Person, einem bestimmten Ort, einer bestimmten Zeit
  • kann jeder nachvollziehen
  • werden formuliert als: „Ich brauche…“, „Mir ist…. wichtig/wertvoll.“
  • erfüllte/unerfüllte Bedürfnisse sind die Ursachen für unsere Gefühle

Eine Auswahl an menschlichen Bedürfnissen: 

Autonomie
 Träume, Ziele, Werte
 Pläne für die Erfüllung der eigenen Ziele
entwickeln

Integrität
 Authentizität
 Kreativität
 Sinn
 Selbstwert

Nähren der körperlichen Existenz
 Luft
 Nahrung
 Bewegung
 Schutz vor Bakterien, Viren usw.
 Ruhe
 Sexualleben
 Unterkunft
 Körperkontakt
 Wasser
 Spiel
 Freude
 Lachen

Soziale wechselseitige Abhängigkeiten
 Akzeptieren
 Wertschätzung
 Nähe
 Gemeinschaft
 Rücksichtnahme
 zur Bereicherung des Lebens des anderen beitragen
 Emotionale Sicherheit
 Empathie
 Ehrlichkeit
 Liebe
 Geborgenheit
 Respekt
 Unterstützung
 Vertrauen
 Verständnis
 Zugehörigkeit

Transzendenz
 Schönheit
 Harmonie
 Inspiration
 Ordnung (Struktur, Klarheit)
 Frieden

Wichtig: Jemandem anderen weh zu tun oder ihn zu kränken, ist kein menschliches Bedürfnis! 

Bedürfnis nach Nahrung

Es gibt unzählige Strategien um ein und dasselbe Bedürfnis zu erfüllen. Das sind mögliche Strategien um mein Bedürfnis nach Nahrung zu erfüllen:

  • Ich gehe in ein Restaurant und bestelle mir einen Salat
  • Ich schnappe mir einen Apfel aus der Obstschale
  • Ich bitte meine Partner mir was zu kochen
  • Ich koche für mich Spaghetti Carbonara
  • usw.

Würden wir auf die Idee kommen, dass uns unser Kind das Bedürfnis nach Nahrung erfüllen muss?

„Kind, koch mir was, sonst werde ich jämmerlich verhungern!“

Hört sich irre an, oder?

Trotzdem haben wir bei anderen Bedürfnissen öfters den Gedanken, dass es unser Kind ist, welches unsere Bedürfnisse stillen soll.

Die Schlüsselfrage ist:

Bin ich in der Verantwortung mir selbst gegenüber oder plumpse ich gerade in die Opferrolle und fühle mich bedürftig meinem Kind gegenüber?

Hier sind einige Gedanken-Fallen, welche uns direkt in die Opferrolle katapultieren:

Bedürfnis nach Ruhe 

„Nur wenn du auf dein Bedürfnis verzichtest, geht es mir gut.“

Mein Sohn hat den Fernseher ziemlich laut gestellt. Es ist ihm anscheinend wichtig, dass der Ton sehr deutlich zu hören ist.

Mein Bedürfnis ist in diesem Moment Ruhe. Ich bin empfindlich, wenn es um Lautstärke geht.

Viele denken jetzt vielleicht: „Der Fernseher wird leiser gemacht. Basta!“

Doch – was wäre, wenn es unserem Partner wichtig wäre, lautstark zu fernsehen?

Plötzlich können wir gut für unser Bedürfnis sorgen und verlassen zum Beispiel das Zimmer oder geben uns Ohropax rein. Oder wir finden andere Strategien, die zum Stillen unseres Bedürfnisses führen.

Wieso können wir oft nicht gut für uns sorgen, wenn es sich um unser Kind handelt?

Warum erwarten wir von unserem Kind, dass es für unser Bedürfnis verantwortlich ist? 

Eigentlich sehr unlogisch, oder? Von den kleinen Menschen, die noch nicht mal für ihre eigenen Bedürfnisse sorgen können, erwarten wir, dass sie unsere Bedürfnisse erfüllen.

Übrigens, macht mein Herzensglückskind den Fernseher sehr oft leiser, wenn ich ihn darum Bitte. Doch eine Bitte ist eine Bitte und kann natürlich auch abgelehnt werden. Auch kleine Menschen dürfen das!

Bedürfnis nach Wertschätzung

„Jetzt hab ich mich mit dem Essen so bemüht und mein Kind will lieber etwas anderes.“

Ja natürlich, das ist enttäuschend. Für mein Wohlbefinden bin jedoch ich alleine verantwortlich. Wenn es mir schlecht geht, weil mein Kind das zubereitete Mahl nicht essen will, liegt es an mir nachzusehen, was da in mir los ist.

Ich sollte sehen, dass ich auch für mich selbst koche. Ich sollte sehen, dass ich keine Gegenleistung von meinem Kind erwarten kann. Es ist mein Job mein Kind zu ernähren. Und wenn ich Wertschätzung brauche – aber von meinen Lieben keine kommt – kann ich mich selbst wertschätzen und mir heilsame Selbst-Empathie schenken.

Und im Endeffekt würde es mich nicht glücklich stimmen, wenn mein Sohn so tut, als würde es ihm schmecken. Genau so wenig, wie ein erzwungenes „Danke, fürs Essen!“. Darauf verzichte ich sehr gerne! Echte Dankbarkeit kann nicht erzwungen werden. 

Bedürfnis nach Autonomie

„Ab ins Bett, ich will Zeit für mich!“

Mich macht es oft kribbelig, wenn mein Kind abends länger wach ist. Ich sehne mich dann nach Autonomie. Will dann endlich das machen, was ich will.

Wenn ich mein Kind jetzt zum Schlafen „zwinge“, obwohl es nicht müde ist, um mein Bedürfnis nach Autonomie zu erfüllen, übergebe ich wieder meinem Kind die Verantwortung für mein Wohlbefinden.

„Nur wenn du schläfst, geht es mir gut. Ob du müde bist oder nicht, ist mir egal.“

Autsch.

Lieber mache ich mich frei von „entweder mein Bedürfnis oder dein Bedürfnis“ und entdecke die Welt der 1000 Möglichkeiten (Strategien):

  • Ich könnte abends jemanden bitten auf mein Kind zu achten.
  • Ich könnte tagsüber jemanden bitten mit meinem Kind etwas zu unternehmen.  Denn mein Bedürfnis nach Autonomie bzw. „Zeit für mich“ ist zeitunabhängig.
  • Oder ich könnte abends einen Film mit meinem Kind ansehen, der jugendfrei ist. Die meisten Liebes-Komödien sind das und ich liebe diese Filme.
  • Oder ich finde gemeinsam mit meinem Sohn ein Spiel für ihn, welches er alleine spielen kann. Hörbuch, Film, Tiptoi-Bücher, Dinowelt …
  • Oder  ich stehe bewusst früher auf (als mein Kind) und nehme mir so meine Zeit für mich.
  • usw.

Natürlich schaue ich hin, wenn mein Sohn völlig übermüdet ist und begleite ihn liebevoll in den Schlaf.

Bedürfnis nach meiner körperlichen Unversehrtheit

„Ich bin das Opfer und du der Täter.“

Wenn Kinder hauen tun sie das, weil sie sich im Moment nicht anders ausdrücken können. Sie sind dann meist in größter Not.

Oft passiert es, dass wir Erwachsenen in die Opferrolle fallen und unserem Kind die Verantwortung für unsere Unversehrtheit zuschieben.

Doch wir sind unseren Kindern physisch und psychisch deutlich überlegen. Auch wenn wir uns machtlos fühlen, haben wir Erwachsenen die Macht. Dies ist eine Tatsache.

Wir sind es, die uns selbst schützen müssen. Nicht unser Kind! Diese Verantwortung sollte kein Kind tragen müssen.

Denn so wird es zum Täter und der Erwachsene zum Opfer. Dies wirkt so vergiftend auf die Erwachsenen-Kind-Beziehung.

Ich habe die Macht Strategien einzusetzen, welche mich schützen:

  • Ein authentisches „Nein“ rufen
  • Die Hände schützend vor meinen Körper halten
  • In ein anderes Zimmer gehen
  • Ein passendes Fangenspiel beginnen
  • Mein Kind hochnehmen und es durch die Luft wirbeln (bitte genau beobachten, ob dies für das Kind passt)
  • Die Energie in ein spierisches Raufen umleiten
  • Wenn es für mich ok ist, das Kind auf meine Handflächen schlagen lassen
  • usw.

Ich will es nochmals deutlich in die Welt rufen:

Mein Kind ist nicht für meine Bedürfnisse zuständig! Sondern ich.

Fallen wir nicht in die blöde Opferrolle, wenn das Kind unser Bedürfnis nicht erfüllen will.

Wenn wir unserem Kind die Verantwortung für unsere hungernden Bedürfnisse geben, wachsen im Kind vielleicht schmerzhafte Glaubenssätze wie:

  • „Ich muss die Bedürfnisse der anderen erfüllen.“
  • „Meine Bedürfnisse sind nicht wichtig.“
  • „Ich bin schuld, wenn es anderen schlecht geht.“
  • „Wenn ich für mich selbst sorge, fühle ich mich schuldig.“
  • usw.

Unser Kind kann die Verantwortung für unsere Bedürfnisse nicht tragen!

Es gibt so viele Wege (Strategien) unsere Bedürfnisse in Einklang zu bringen. Diese Möglichkeiten können wir aber nur sehen, wenn wir die Opferrolle verlassen. Wir sind nicht abhängig von unserem Kind. Aber unsere Kinder sind in vielen Dingen völlig abhängig von uns. Sie sind es, die Schutz brauchen!

Also, raus aus der Opferrolle und rein in die Selbstverantwortung!

Ich finde es so wichtig, gut für uns selbst zu sorgen. Denn nur so können wir unseren Kindern in bedingungsloser Liebe und ohne Erwartungen begegnen.

Mary Haskell bringt es so wunderbar auf den Punkt:

„Nichts, was aus dir wird, kann mich enttäuschen; ich habe keine
vorgefasste Meinung, was du sein oder tun sollst. Ich habe keinerlei
Wunsch, dich vorherzusehen, nur den, dich zu entdecken. Du kannst
mich nicht enttäuschen.“

Vorleben wirkt

Wenn wir unserem Kind vorleben, dass es für seine Bedürfnisse sorgen darf. Dass es viele Möglichkeiten gibt um seine hungernden Bedürfnisse zu stillen. Und dass es OK ist „Nein“ zu den Wünschen anderer zu sagen. Dann bildet sich ein guter Nährboden für heilsame Glaubenssätze.

Wir können uns Folgendes immer wieder ins Gedächtnis rufen:

Bedürfnisse sind unabhängig von einer bestimmten Person, einem bestimmten Ort oder einer bestimmten Zeit.

Dann entdecken wir, dass es zahlreiche Strategien gibt, welche wir nutzen können. Ja klar, wir können auch unser Kind darum bitten. Doch wenn der kleine Mensch „Nein“ sagt, wissen wir, dass wir selbst die Gestalter unseres Lebens sind.

Das ist doch eine gute Nachricht, oder? 🙂

Brauchst du Hilfe auf deinem Weg?

Alles Liebe
Andrea

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Kategorie: Selbstfürsorge

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Ich bin eine (meist) glückliche Mama eines Sohnes. Kaffee und Kuchen, die innere Welt der Kinder, sowie THE WORK sind meine Leidenschaften. Mein Herz schlägt für eine gleichwürdige Beziehung zwischen Eltern und Kindern. Ich mag dabei helfen, dass ihr euch mit eurem kleinen Menschen wieder verbinden könnt!

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