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Wieso wir unserem Kind die Schimpfwörter nicht wegnehmen dürfen

Heute habe ich einen ganz besonderen

Gastbeitrag von einer genialen Mama

für euch. Lasst euch von ihrer Leichtigkeit (bezüglich Schimpfwörter) verzaubern. Ihre Worte lassen all unsere alten Vorurteile und Gedanken über Schimpfwörter miteinander tanzen. Damit wir die Wahrheit sehen können:

Unsere kleinen Menschen wollen keinem mit ihren Worten wehtun. Echt nicht!

Lehnt euch zurück und kommt mit, in eine Welt in der es kein „Gut“ oder „Schlecht“ gibt.

Du Liebe, ich danke dir von Herzen für diesen genialen Gastbeitrag!:

Hallo, ich bin Kacke!

Ich erinnere mich, als wäre es gestern gewesen. Ich stand am Wickeltisch, mein Baby gluckste vor sich hin und auf einmal ein leises undeutliches „BaBa“. Mein Atem stand still, ich sah ungläubig mein doch gerade erst geschlüpftes Baby an und konnte es kaum fassen.

Sein erstes Wort!

Na gut, es war nicht Mama, aber halb so schlimm, Hauptsache das erste Wort. „Schaaaaaaaatzzzz!“ zitierte ich meinen Mann herbei und erzählte ihm die umwerfenden Neuigkeiten. Konfetti, Freudentränen, alkoholfreier Sekt, ein Eintrag in das Babybuch, das erste Wort (naja, Halbwort). Was für ein Ereignis.

Und es wurden jeden Tag mehr, was für eine aufregende Zeit, wir wurden begleitet vom Einhörnchen, dem Rinengrötchen und dem Hoafen. So viel Lachen, so viel Freude, wir genossen die Anfänge unserer Kommunikation und dann kam „ES“. Ganz unvermittelt stand es auf einmal in unserem Wohnzimmer, das erste Schimpfwort:

„Kacke!“

… und wieder „Schaaaaaatzzzz!“ mit hängenden Schultern die erste Diskussion über ein nicht feierwürdiges Wort. Jaja, die ganzen tollen Ratschläge, verlass den Raum, atme, zähle bis 10, alles super, aber habt ihr eine Ahnung, wie oft bei einem knapp 4jährigen das Wort „Kacke“ verwendet wird?

Ständig, in jedem Moment, in jedem Kontext – Beispiele? „Kackemama“, „Kackenentekacke“, „Da oben hängt Kacke an der Wand“, „Da laufen Kackemonster, die wollen Kackeburger mit Kackemayonaise und Kackeketchup!“

Ich atme

… also bis ich hyperventiliere und zähle bis in den 100-stelligen Zahlenraum. Ich brauchte eine andere Lösung, eine die für mich passt und die meinem Wunsch nach einem friedlichen Miteinander erfüllt.

Meine Lösung, seitdem ich Kind bin: Dingen ein Gesicht zu geben, vor denen ich Angst habe, die mich bedrücken, die ich nicht annehmen kann.

Also entstand:

Ja, ganz niedlich, aber so wirklich reichte das noch nicht. Ich fand „ES“ immer noch nervig und anstrengend und ich wollte „ES“ nicht bei uns zu Hause haben.

Was könnte also noch helfen? Kacke sollte lebendig werden, fühlbar und sympathisch.

So begann seine Geschichte:

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Hallo, ich bin Kacke!

Ich habe 5 Buchstaben und 2 Silben! Je nach Situation, wiege ich mal mehr oder weniger schwer! Ich bin sehr wandlungsfähig und liebe die Herausforderung.

Ich gehe total gerne in den Kindergarten, dort gibt es so viele wunderbare Aufgaben für mich. Manchmal sitze ich mit drei Jungs zusammen versteckt unter dem Tisch und sie lassen sich Wörter einfallen, an die sie mich einfach ranhängen.

Dieses Spiel macht einfach mega Spaß und ich fühle mich so wohl in dieser kleinen, geheimen Gemeinschaft, in der nur wir die Worte und den Humor verstehen, der uns verbindet.

Wenn sich jemand ungerecht behandelt fühlt, dann bin ich natürlich auch sofort zur Stelle, begleite Wut und Trauer des kleinen Menschen, stelle mich zum rumfluchen zur Verfügung.

Ich mag diesen Moment, wenn ich merke, dass meine Energie geholfen hat und der kleine Körper sich wieder entspannt und zur Ruhe kommt.

Auch wenn ich am liebsten kreativ bin, so unterstütze ich auch jederzeit wenn ich merke, dass sich ein Kind einsam fühlt. Dann werde ich richtig laut und ziehe jegliche Aufmerksamkeit auf mich (ich weiß ich bin klein, habe jedoch eine große Wirkung).

Ich finde die Reaktion auf meine Bemühungen zwar noch verbesserungswürdig, aber hey, das Kind ist nicht mehr alleine, das ist, was in diesen Momenten für mich zählt.

Natürlich bin ich nicht nur mit den kleinen Menschen unterwegs, auch die Großen erleichtern sich mit mir Ihren Schmerz, verschaffen sich Aufmerksamkeit, schaffen Distanz, geben ihren Aussagen Nachdruck und stehen für Ihre Grenzen ein.

Was mir hier fehlt, ist der Spaß, sie haben vergessen wie viel Freude sie früher mit mir hatten, wie geheimnisvoll und eindrucksvoll ich mal gewesen bin.

Ich werde oft nicht als das gesehen, was ich eigentlich bin, ein wertvoller Beitrag zu einem lebendigen, authentischen, emotionalen Miteinander. Das finde ich manchmal sehr traurig, doch dann begleite ich wieder die kleinen Menschen und merke, dass ich für sie unglaublich wertvoll bin.

Das gibt mir ein sehr wohliges und warmes Gefühl und ich freue mich, dass ich in dem Leben von so vielen Menschen beitragen darf. [/red_box]

„Oh wow!“,

dachte ich mir, als ich diesen kurzen Steckbrief von Kacke las. Wie schön, dass ich dieses liebenswerte, talentierte und facettenreiche Wort endlich persönlich kennen lernen durfte.

Jetzt kann ich es voller Freude in unserer Wohnung rumhüpfen sehen und lade es immer wieder gerne ein, mit uns farbenfrohe Wortschöpfungen zu kreieren, zu wüten oder traurig zu sein.

Danke Kacke, dass du unser Leben so bereicherst und mich sanft auf all die Wörter vorbereitest, die mir in meiner Welt als Mutter noch begegnen werden!

Ich bin Mama, Name, Alter und Gewicht tun hier nix zur Sache 🙂

Ich habe einen Sohn und einen wundervollen Mann, mit dem ich herrlich kontrovers diskutieren kann. Ich gehe arbeiten, liebe es laut Musik mitzugrölen, Excel-Listen zu erstellen und habe ein Herz für Schimpfwörter.

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Andrea

Ich bin eine (meist) glückliche Mama eines Sohnes. Kaffee und Kuchen, die innere Welt der Kinder, sowie THE WORK sind meine Leidenschaften. Mein Herz schlägt für eine gleichwürdige Beziehung zwischen Eltern und Kindern. Ich mag dabei helfen, dass ihr euch mit eurem kleinen Menschen wieder verbinden könnt!

Dieser Beitrag hat 6 Kommentare

  1. Andrea

    Hallo 🙂

    Wenn so kleine Menschen solche Wörter sagen, haben sie keine Ahnung was das bedeutet. Sie sehen unsere Reaktion darauf und sind von ihrer Selbstwirksamkeit fasziniert. Mehr ist es nicht.

    Was ist es genau, das sich so verzweifelt macht? Vielleicht, was die anderen Menschen über dich denken, wenn dein Kind das sagt?
    Fühlst du dich als schlechte Mama? Kränkt dich das Wort? Weil du ihm die Bedeutung gibst, dass dich dein Kind nicht respektiert?

    Doch so kleine Menschen denken noch das sie mit allem eins sind. Sie können entwicklungsbedingt noch gar keinen anderen Menschen verletzten wollen. Das liegt daran weil noch so viele Dinge nicht entwickelt sind. Sie haben weder Moralverständnis (Das kommt erst im späten Schulalter) und sie auch noch keinen Perspektivenwechsel vollziehen können.

    Liebe Grüße
    Andrea

  2. Simone

    Geht uns gerade genau so!
    Ich bin gerade verzweifelt auf der Suche nach Artikeln in denen es konkret um A*loch und f* d* geht, doch leider ist weit und breit nichts zu finden …
    Dass man da als Eltern eines zwei oder drei Jährigen wirklich so locker bleibt ist für mich kaum vorstellbar. Vor allem wenn man sich in der Öffentlichkeit bewegt.

  3. Andrea

    Hey!

    Wie schön! Humor verbindet uns blitzschnell mit unserem kleinen Menschen.

    Liebe Grüße
    Andrea

  4. Katja

    Liebe Andrea,
    vielen Dank für deine Beiträge! Ich muss dir einfach schreiben, habe ich vorher noch nie gemacht!
    Bei mir ist im Moment die „Kacka“ UND „du bist blöd “ Phase und ich habe das Gefühl, dass sie nie enden wird …. auch wenn ich in der obigen Geschichte nicht alles vevrstanden habe bzw. nachvollziehen kann, konnte ich zum ersten Mal herzhaft darüber lachen! Das fehlt uns allen viel zu sehr.
    Danke
    Liebe Grüße

  5. Andrea

    Ich denke er erlebt Selbstwirksamkeit wenn er solche Worte benutzt. Er sagt ein A…-Wort und bekommt dafür aufregende Reaktionen. Vielleicht magst du mit ihm Powerspiele spielen? https://herzensglueckskind.com/2016/03/26/powerspiele/

    Vielleicht könnt ihr auch zu Hause eine Schimpfwort-Challenge machen? Ihr ruft gemeinsam 20 Minuten alle Schimpfworte die euch einfallen. Dann wird es draußen eventuell weniger.

    Dein kleiner Mensch ist 3 Jahre alt und hat keine Ahnung was er da sagt. Er will keinem weh tun.

    Liebste Grüße

    Andrea

  6. Lamoma

    Hmm. Nett. Mein Dreijähriger brüllt dauernd Arschloch durch die Gegend und flechtet Arsch statt Kacke überall ein. Das ist noch mal ne Nummer härter. Vor allem draußen und in Gesellschaft. So viel kann ich gar nicht atmen…

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