Die Zauberworte sind:
Schweigen, Warten und Vertrauen
1. Schweigen
Ich bemühe mich aufzuhören, meinen Sohn zu etwas zu überreden, ihn anzujammern, ihn anzumeckern, auf ihn einzureden, oder von ihm Dinge SOFORT zu wollen.
Stell dir vor, die Verkäuferin an der Kasse sagt: „Geben Sie mir SOFORT 29,00 Euro, zack, zack!“
Spürst du deinen Widerstand? Fühlst du dich wertgeschätzt? Unsere Kinder erleben das auch, wenn wir sagen „Zieh dir sofort die Jacke an!“ oder „Komm jetzt sofort mit nach Hause!“.
„Wenn Kinder keine Möglichkeit haben, nein zu sagen, können sie nicht ja sagen. Dann können sie höchstens jawohl sagen. Aber sie wissen: So bin ich ja nichts, so bin ich nur ein Soldat.“ Jesper Juul
Also sage ich meinem Sohn freundlich, was ich persönlich gerne hätte und schweige.
2. Warten
Ich versuche innerlich ruhig zu werden, für mich ist es hilfreich mir innerlich zu sagen
EINATMEN- 1 – 2 – 3, AUSATMEN – 1 – 2 – 3.
Eine kurze Meditation ist bestimmt auch hilfreich. Zeit habe ich ja jetzt dafür. So kann ich die nötige Wartezeit nutzen um ganz bei mir zu sein. Ich kann nun Gelassenheit ausstrahlen, damit mein Kind weiß, dass ich jetzt keinen Druck mehr ausübe.
3. Vertrauen
Ja, oft fällt es uns schwer unserem Kind zu vertrauen, doch es ist so wichtig für unsere Kinder. Wenn ich meinem Sohn vertraue, lernt er sich selbst zu vertrauen. Das ist eine wichtige Lektion für ihn.
Kinder haben unseren Vertrauensvorschuss verdient, denn sie lieben und vertrauen uns bedingungslos. Das sollte auf Gegenseitigkeit beruhen. Diese innerliche Haltung von Vertrauen muss echt sein, wenn ich nicht davon überzeugt bin, spürt dies mein Kind.
Beispiele:
„Nein, ich will mich nicht anziehen lassen!“
Alle sind Startklar, wir wollen zu einem Termin, doch unser Herzenglückskind denkt gar nicht daran sich anziehen zu lassen. Er will spielen. Ewiges jammern und meckern meinerseits, führt zu schlechter Laune auf beiden Seiten.
Mein Drängen baut einen riesen Widerstand in meinem Kind auf und das wiederum bedeutet, dass es länger als nötig dauert.
Ich kündige mein Vorhaben rechtzeitig an. Ein Zeitpolster ist hilfreich, so vermeide ich Stress meinerseits. Ich ziehe mich an und sage ihm freundlich, dass ich jetzt losgehen will. Nun kommt das Vertrauen zum Kind ins Spiel: „Du kannst gerne fertig spielen, ich warte auf dich.“ Ich warte meistens vor der Haustüre, während er sein Spiel beendet.
Ich schweige, warte und vertraue. Schweigen finde ich an dieser Stelle sehr wichtig, denn Vorwürfe und „Wenn-Dann-Sätze“ sind nicht zielführend, sondern verletzend für mein Kind. Wir kommen seitdem sehr selten zu spät zu Terminen.
„Ich muss nicht aufs Klo!“
Als mein Sohn keine Windeln mehr wollte, beschlossen wir, sie wegzulassen. Ich fragte ihn unermüdlich, ob er denn jetzt aufs Klo müsse. Je öfter ich fragte, desto vehementer wurde sein „Nein“. Es wurde für uns beide ein Kampf.
Irgendwann hörte ich auf zu Fragen, siehe da es wurde besser, die „Unfälle“ wurden weniger. Zurückgehalten hat er seinen Urin jedoch trotzdem öfters, ich denke dies ist vielleicht notwendig für die Stärkung der Schließmuskeln der Blase. Kinder sind schlau, wir sehen nur den Zusammenhang nicht gleich.
Viele Eltern sorgen sich, dass dieses Zurückhalten des Urins schädlich für die Gesundheit des Kindes ist. Wolfgang Bühmann, Facharzt und Pressesprecher des Berufsverbandes der Urologen sagt: „Die Blase ist nur begrenzt vom Willen beeinflussbar, irgendwann kommt es zu einem unstillbaren Harndrang.“ Anders gesagt: Bevor das Einhalten der Gesundheit schadet, passiert ein Malheur.
„Alles nimmt ein gutes Ende für den, der warten kann.“ Leo N. Tolstoi
Alles was ich tun muss ist schweigen, warten und vertrauen. Mein Sohn war nach meiner „Erleuchtung“ nach kurzer Zeit trocken (also ohne Windeln). So habe ich ihm die Verantwortung für seine Körperfunktionen zurückgegeben, jetzt konnte er lernen mit seiner Blasenentleerung umzugehen.
Anders sieht es leider beim Stuhlgang aus, dieser wird immer fester wenn er zurückgehalten wird. Hier soll anderweitig gehandelt werden.
„Ich will nicht schlafen gehen“
Wir hatten tausend Kämpfe rund um das Schlafengehen. Jeden Tag wurde mir mulmig wenn ich daran dachte, dass abends wieder der Horror losgeht.
Eines Tages verkündete ich: „Du weißt am besten wann du müde bist, ab jetzt sagst du wann und wie wir Schlafen gehen.“ Er darf sich wünschen, ob er zusammengekuschelt mit mir (oder Papa) im Bett einschlafen, oder in den Schlaf getragen werden will.
Schweigen (zum Thema Schlafengehen), warten und viel Vertrauen war jetzt nötig. In den ersten Tagen blieb er lange wach, als wollte er sehen, ob ich es auch wirklich ernst meine. Nach einer Woche war er spätestens um 20.30 im Träumeland. Die Verantwortung für seinen Schlaf trägt er, seit er 3 Jahre ist, selbst. Wir sind alle sehr zufrieden damit!
Zum Schluss noch ein Zitat von Jesper Juul:
„Ein destruktiver Konflikt ist ein Konflikt, der sich in immer kürzeren Abständen wiederholt, stets um dasselbe Thema kreist und auf beiden Seiten zu wachsender Aggressivität führt. Wenn dies geschieht, bedeutet es in neun von zehn Fällen, dass es an der Zeit ist, die Eigenverantwortung der Kinder an ihre rechtmäßigen Besitzer zurückzugeben.“
In vielen Fällen ist die einzige Möglichkeit den Konflikt zu lösen, bestimmte Entscheidungen (das Kind betreffend) unserem Kind selbst zu überlassen.
In diesem Sinne, lasst uns mehr schweigen, warten und vertrauen.
Alles Liebe
Andrea
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